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Peter Schärli: «Peace Now!»

Peter Schärli fordert den Frieden ein, was nicht heisst, dass es auf der Bühne ohne kreative Reibungen zu und her geht. Man entdeckt wundersame Melodien und eine Leichtigkeit, die heilend wirken kann.

Porträt

Als Musiker beschäftige ich mich nicht nur mit Klängen. Ich registriere, was in der Welt läuft, mache mir meine Gedanken, habe eine Haltung dem Menschen, der Gesellschaft, dem Leben gegenüber. In den letzten Jahren ist noch klarer geworden, dass unser globales System aus den Fugen gerät. Der «heilige» Kapitalismus funktioniert immer perfider. Hinter seiner sauberen Maske wird die Welt liebloser. Unmenschlicher. Brutaler.
Die Kluft zwischen arm und reich vergrössert sich täglich. Um Gewinne zu maximieren, werden Menschenrechte verletzt und verhungern Menschen. Es ist wieder salonfähig, Minderheiten und Wehrlose zu demütigen, zu diskriminieren, zu hassen. Schwarz/weiss, gut/böse, richtig/falsch, rechts/links: das binäre Denken bringt uns nicht weiter. Wir müssen wieder lernen, ternär zu denken (ja/nein/vielleicht). Es braucht das Vielleicht, den Zweifel, die Verletzlichkeit. Die sturen Behaupter und Alleswisser sind mir suspekt.
Die Eindrücke von heilen und unheilen Welten spiegeln sich in meiner Musik wieder. Vielleicht kann ich mit meinen Konzerten all jenen Mut machen, die weiterhin eine humane Welt wollen und sich für gerechte Verhältnisse und für den Frieden einsetzen. Wir müssen uns gegen die Aufhetzer und Populisten wehren! Nur schon dafür lohnt es sich zu leben.
Ich kann es mir leisten, mein Leben mit Musikmachen zu verbringen. Welch ein Privileg, welch ein Glück! Ich darf andern Momente der Freude bereiten und somit auch mir selber.
Musik kann die Welt verändern, man muss ihr nur zuhören. Peace Now!

Peter Schärli über Peter Schärli: «Peace Now!» im 2018

Peter Rüedi

The warm sound of Peter Schärli

Dass ein guter Vorsatz nicht umzusetzen ist, spricht nicht gegen den, der ihn ausspricht. Grosse Zielsetzungen nehmen sich oft naiv aus. «Musik kann die Welt verändern, man muss ihr nur zuhören.» Sein Wort in Gottes Ohr. Es hat bei diesem ebenso eigenwilligen wie vielseitigen Musiker, der sich im Lauf seiner Karriere in vielen Temperaturzonen bewegt hat und mit viel Talent und Beharrlichkeit zu diskretem weltweitem Ansehen in der Jazzgemeinde gelangt ist, out of the cool and into the hot, auch eine ästhetische Logik. Running mild, running wild. Schärli ist seit je ein warmer, pathetisch gesagt: ein «beseelter» Trompeter, der mich in Klang und Phrasierung immer ein wenig an den leider fast vergessenen Johnny Coles erinnert.

Die Kompositionen (alle Erfindungen des Trompeters) setzen schöne Chöre und Unisoni, lassen aber viel Raum für improvisatorische Ausflüge und gelegentliche Passagen von kalkuliertem Chaos. Wunderbar lebendige Musik, durchdacht und frei. Die verändert vielleicht nicht die Welt. Sie lässt sie uns aber für eine Weile ertragen, was doch auch schon allerhand ist.

Peter Rüedi über «Peace Now!» von Peter Schärli: «Peace Now!» in der Weltwoche am 8. Januar 2020

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